Fremdgehen vor 300 Jahren und ein flüchtiger Geliebter

Padberg.

Wer denkt, dass man in der frühen Neuzeit treu war, geht völlig fehl in dieser Annahme. Auch unsere Ururahnen liebäugelten schon einmal mit der schönen Nachbarsfrau. Kommt es heute unter Umständen zum kostspieligen Ehescheidungsprozess vor Gericht, hatte es vor 300 Jahren weit bösere Folgen.

Ein „normales Fremdgehen“ führte in der Regel zu einem Brüchte-(Bußgeld)Verfahren und in vielen Gemeinden zur Anklage vor dem Sendgericht, einem geistlichen Sittengericht. Im Archiv der Gräfin Droste zu Vischering in Padberg fanden wir jedoch einen Ehebruch, der vor dem so genannten peinlichen Gericht verhandelt wurde. Peinlich nicht etwa, weil die Missetäter sich schämten oder prekäre Details ans Tageslicht kamen, sondern weil Befragung unter Folter oder gar das abschließende Urteil „Pein“, also Schmerz“ auslösen konnten. Doch warum dieser Sonderfall? Wir können es uns nur damit erklären, dass zum Einen ein Inzest verhandelt wurde und zum Anderen der gehörnte Ehemann ein Soldat in preußischen Kriegsdiensten war.

Beginn der Akte A 77 aus dem Archiv in Padberg

Wir befinden uns im Jahre 1721 und Elisabeth S. geborene H. ist schwanger. Da ihr Ehemann aber schon seit 6 bis 7 Jahren durch Abwesenheit glänzt, weil er in Halberstadt kaserniert ist, kann da irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. So bleibt Elisabeth S. auch nichts anderes übrig, als „das schändtliche Laster deß Ehebruchs und sonst verdambte Unzucht“, die „bey Leib- und Lebensstraff verbotten“, einzugestehen. Der vermeintliche Kindsvater, Hermann Lö., hat sich derweilen aus dem Staub gemacht und ist trotz intensiver Suche nicht aufzufinden. Nun hat aber eben dieser Hermann Lö. schon der Anna Maria L. ein Kind „erwecket“, obwohl diese noch ledig war und ist. Und eben diese Anna Maria L. ist eine Cousine der Elisabeth S.. Sofort wird auf Inzest geklagt, ein besonders schweres Vergehen. Jetzt mag der Ein oder Andere einwenden, dass Hermann Lö. doch mit keiner der beiden Frauen verwandt war, doch gemäß der Bibel im Buch Levitikus ist eindeutig auch eine Beziehung zwischen angeheirateten Verwandten Inzucht. Spitzfindige mögen nun wieder anmerken, dass Hermann Lö. doch weder mit der einen noch mit der anderen verheiratet war!

Da man des Geliebten nicht habhaft werden kann, sperrt man kurzerhand die untreue Ehefrau ein und der Prozess beginnt. Elisabeth S. ist geständig, wenn sie auch dem Flüchtigen die Schuld der „hartnäckigen Verfolgung“ und „Verführung“ anhängt. Es folgt auch bald eine Strafe von 100 Reichstalern. Ihr Mann verdiente als Soldat im Jahr ca. 12 Taler*. Und so mag es nicht verwundern, dass der gehörnte Ehemann in eine wahre Schreibwut verfällt, nachdem er in den Jahren zuvor ganze 2 knappe Briefe an seinen Vater und nicht mal an seine Frau sandte. Er schreibt wiederholt an die Äbtissin von Geseke, Fräulein von Padberg, sie möge ihren Bruder den Herren von Padberg, gleichzeitig Gerichtsherr, dazu bringen, seinen Vater und ihn zu verschonen und „die Hure solle den „Staupbesen bekommen und aus dem Hause seines Vaters kommen“. Er wünschte seiner Frau nicht etwa einen eigenen Kehrbesen, sondern sie sollte am Pranger mit Prügel bestraft werden. Selbiges schreibt er auch an den Herren von Padberg und den zuständigen Richter. Zudem sollte sie die Strafe von „dem ihrigen und nicht dem seinigen“ begleichen.

Letztlich verzichtet das Gericht auf eine erniedrigende öffentliche körperliche Züchtigung und es bleibt bei der schon erwähnten Geldstrafe. Schließlich wird Elisabeth noch die Möglichkeit einer „Ratenzahlung“ gegeben, wobei ihre Mutter, Wittwe Clara H., geb. L. und vermutlich ein Onkel, Borchardt M., einen Teil der Strafe vorstrecken, damit Elisabeth das Gefängnis im Oberhaus Padberg verlassen kann. Diese ist über den Ausgang sogar glücklich, da sie sich dem Wärter, der ihr das Essen brachte, bereits ungeduldig zeigte. Sie äußerte, „sie könnte nicht lang sitzen sonsten muste etwas anfangen, daß sie lebtag nicht gut thäte.“ In der damaligen Zeit waren es die Frauen einfach nicht gewöhnt, untätig herumzusitzen. Ein Strandurlaub wäre also mehr Strafe als Erholung für eine solche an viel Arbeit gewöhnte Person.

Der lachende Dritte ist Hermann Lö., der die Padberger Bevölkerung „kostenlos“ und ohne sich zu binden, vermehrte.

*Quelle: Wikipedia